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Jordanien

Matthias Mesletzky • Feb. 03, 2022

Petra

Leseprobe aus meinem Buch „Allein durch Afrika“

 

Es ist kein großer Umweg und so erreiche ich nach einigen Stunden Fahrt durch immer neue Gesichter von Wüstenlandschaften den Ort Wadi Mursa. An dessen Rand liegt die alte Hauptstadt der Nabatäer Petra. Sie gilt mit Ihren über 2000 Jahre alten Überresten als eine der historischen Hauptattraktionen des gesamten Nahen und Mittleren Ostens. 

Hier wird jeder Tourist hergekarrt, hält er sich auch noch so kurz in Jordanien auf.

Mein erster Eindruck: Es stinkt! Nein, nicht mir, es stinkt durch die Kacke von geschätzten einhundert Eseln, Pferden und Kamelen. Allesamt zum Transport von lauffaulen Touristen im gesamten weitläufigen Gelände stationiert. Mein Gott, was geben sie denen nur zu fressen? Man muss schon ein bisschen aufpassen, will man nicht ständig in irgendeinem süßlichen Haufen dieser vielen Viecher stehen. Dass die Besitzer der tierischen Taxis jeden Touristen ganz massiv ansprechen, wo immer sie ihn antreffen, ist auch klar. 

Hauptsprache, die ich vernehmen kann, ist Russisch, gefolgt von einem schlitzäugigen Gemisch aus Koreanisch, Chinesisch und Japanisch. Am ulkigsten sieht es aus, wenn ein in ein weißes Tuch gewickelter kleingewachsener und sehr dunkelhäutiger Beduine einer Gruppe von ausgesprochen bunt angezogenen Touristen aus Putins Zarenreich in holprigem Russisch versucht, die Geschichte seiner Vorfahren zu erklären. Muss ich an denen vorbei, mischt sich der besagte exkrementale Geruch mit der wohl immer noch sehr beliebten und sehr streng süßlich „duftenden“ Parfümmarke „Moskowskije Duchi“. Etwas Wodka glaube ich auch noch heraus zu schnuppern. Mein Gott, welch ein geruchliches Inferno! Ich ringe nach Sauerstoff, den ich nur bekomme, wenn ich meine Beine in die Hand nehme und gehörigen Abstand suche.

Die Nabatäer haben schon einen Sinn für hübsch gelegene Örtlichkeiten gehabt. Die Felslandschaft, die die Schluchten und Täler einfasst, ist wirklich grandios. Die Sonne tut mit ihren verspieltesten Licht- und Schattenspielen ein Übriges. Doch vor dem Genuss von so viel Historie und so viel Landschaft kommt das Ticket. Happige 75 US-Dollar (inklusive Gestank) nur für meine Wenigkeit sind wahrlich gesalzen. Nach diesem Schock erreiche ich die ersten in den Felsen geschlagenen Tempel und Grabmäler nach einem Fußmarsch durch eine ca. einen Kilometer lange, sehr enge und tief ausgewaschene Felsschlucht. Die Übersichtskarte verspricht noch weitere 6,5 Kilometer über Geröll, Fels und Sand. 

In meiner ersten Pause gönne ich mir einen Tschai. Einen jordanischen Dinar will der Kopfbetuchte haben. Für einen Tee ist es der blanke Wucher. Ich weigere mich, denn ich kenne mich mittlerweile mit jordanischen Preisen recht gut aus. Nun die obligatorische Frage nach dem Land. Na wie gehabt. „Alemania, very good. Half Dinar“, entgegnet er zufrieden. Nun, mit der Hälfte bin ich einverstanden. Er fragt noch, ob ich Zucker will, schiebt die Dose hin und schaut bitterernst: „But for sugar one Dinar!“ Jetzt platzt es aus ihm heraus. Er lacht herzhaft und klatscht mir in die Hand. Ja, so kann man Arabien gut leiden. 

Ich erspare mir die Einzelheiten zu den vielen Grabmälern, Gebäuderesten und Säulengalerien, die man in jedem Reiseführer nachlesen kann. Eine Reise ist Petra auf jeden Fall wert.

Völlig geschafft wieder am Ausgang, fehlt nur ein Gewerbe, mit dem man hier wirklich Geld verdienen könnte: Schuhputzer. Die Schuhe und Sandalen aller Besucher sehen nach den staubigen Märschen wirklich geliebt aus. Darauf angesprochen, lehnen die Beduinen allesamt ab. Das ist unter ihrer Würde! Ich frage mich, ob es wirklich besser und würdevoller ist, nur mit kitschigen Souvenirs oder mit einem geruchsstarken Viehtrieb sein Geld zu verdienen. 

Ich finde nur 12 km weiter ein Beduinencamp, in dem ich für zwei Tage etwas relaxen kann. Das Schiff ist eh noch nicht da, und so passt mir das landschaftlich geradezu paradiesisch gelegene Zeltlager sehr gut, um meine Wartezeit zu versüßen. Der Manager lebte vier Jahre in England und spricht demzufolge gut Englisch. So habe ich Gelegenheit lange und gute Gespräche zu führen. Tagsüber unter dicken Zeltplanen liegend, abends am Lagerfeuer ebenfalls liegend. Wie dieser nette Mensch überhaupt nur in der Horizontalen anzutreffen ist, wenn er nicht gerade mal in Richtung Klo durch die Gegend läuft. 

Im ganzen Camp gibt es nur zwei Leipziger Studenten und mich als Gäste. Der extrem hell glitzernde Himmel ist Dank der sauberen Wüstenluft so vollgestopft mit kleinen Sternenlämpchen, wie man ihn nur selten zu sehen bekommt. Eine himmlische Ruhe, soweit der Generator noch nicht oder nicht mehr an ist. Der sorgt dafür, dass in den unzähligen Tuffsteinhöhlen ringsum jeweils eine kleine elektrische Lampe leuchtet. Es müssen viele hundert sein und es macht Spaß bei diesem märchenhaften Licht, erzeugt durch die Sterne und den besagten Generator, durch die zerklüfteten Felsen zu laufen. Nur muss ich aufpassen, keine der vielen blühenden Krokusse und der gerade aus der Erde schießenden Wüstentulpen zu zertreten. Die haben sich auf den Sandflächen zwischen den Felsen massenhaft ausgebreitet. Einen Monat weiter, wenn alles blüht, muss es hier wirklich wie in einem Märchenland aussehen, im Dezember!

Ein Freund besucht meinen Beduinen. „I must cook in evening, for two French girls!“ Er vollführt eine unter Männern sehr bekannte, fast schon klassische Hand- und Armbewegung. Verstehe, was er nach dem Essen vorhat. „Girlfriend is in Chicago!“ Wow, ein gefragter Mann in abgerissenen Klamotten mit internationalen Kontakten. Ich frage, was er denn so macht. „I work in donkey!“ Hm, ich schaue ihn etwas ungläubig an. „Friends work in horse, some work in camel.“ Eine Sekunde dauert es, bis ich begreife. Ah, ja. Er ist also einer der Eselstreiber, der mit seinem Tier auf Touristenjagt geht. Ich muss lachen, eine derartige Berufsbeschreibung hatte ich bisher noch nicht vernommen.

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